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KI – Anwendungsszenario: Preisoptimierung

Die Optimierung von Preisen ist ein wichtiges Einsatzszenario von künstlicher Intelligenz (KI). Greifbar sind dabei der Einsatz in Handel, wie im Blogbeitrag: KI – Anwendungsszenarien im Handel (Retail) erwähnt. Das Ziel ist, die Anzahl der Kaufabschlüsse zu erhöhen und über alle Kaufabschlüsse hinweg auch einen positiven Warenrohgewinn*. 

  1. Grundlagen des Preismanagements
    1. Preiselastizität
    2. Psychologische Preisbildung
  2. Kaufverhalten und dessen Einfluss auf die Preisbildung
    1. Kundensegmentierung
    2. Kundenlebenszyklus
  3. Einsatz von KI in der Preisoptimierung
  4. Implementierung von KI für Preisoptimierung
    1. Datenquellen und Kundensegmentierung
    2. Price-Engine
    3. Beispielkette an Anwendungen (nur E-Commerce)
  5. Herausforderungen und ethische Überlegungen

 

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Grundlagen des Preismanagements

Preiselastizität

Die Preiselastizität beschreibt, wie sich die Nachfrage nach einem Produkt oder einer Dienstleistung in Abhängigkeit von Preisänderungen verändert. Je nachdem, wie empfindlich die Nachfrage auf Preisänderungen reagiert, können verschiedene Arten von Preiselastizitäten unterschieden werden: BWL – Grundlagen: Preiselastizität.

Zusätzliche Faktoren, die das Kaufverhalten beeinflussen, sind die Verfügbarkeit von Substituten, die Fähigkeit des Kunden, Käufe zu verschieben, zusätzliche Kosten für den Kunden und die Reaktionsfähigkeit der Konkurrenz in Bezug auf Preisänderungen.

  • Was kann KI: Die Preise in einer Bandbreite optimieren, zu der Kunden bereit sind Ihre Produkte zu kaufen!
  • Was kann KI NICHT: Kunden zum Kauf von nicht marktüblichen Preisen zwingen!

Unter der Annahme, dass es einen Mindestpreis gibt, den Sie für Ihre Waren im Schnitt erzielen müssen, um einen positiven Warenrohgewinn zu erhalten.

Wenn der Mindestpreis zu hoch ist, weil Ihre Herstellkosten (Hersteller) oder Einkaufspreise (Händler) inklusive Ihres geplanten positiven Deckungspreises, über dem liegen, was ein Kunde bereit ist, zu zahlen, dann ist eine KI-Preisoptimierung bei den Verkaufspreisen nicht geeignet.

In diesem Fall empfiehlt es sich erst die Herstellkosten / Einkaufspreise zu senken und / oder den notwendigen Aufschlag auf die Herstellkosten / Einkaufspreise durch Reduzierung der Fix- und Variablen-Kosten, auch dabei kann KI unterstützen!

Hinweis: Für den Abverkauf, bei dem Waren auf jeden Fall abgestoßen werden sollen, gelten diese Einschränkungen nicht.

Voraussetzungen:

  • Es liegen genügend interne Daten von Käufen / Bestellungen in der jüngsten Vergangenheit der Produkte oder historische Daten ähnlicher Produkte (Vorgängermodell) vor, um einen Rückschluss auf den marktüblichen Preis eines Produktes zurückzuschließen.
  • Es liegen genügend externen Daten von Käufen / Bestellungen des Produktes, z.B. auf Marktplätzen, Preisvergleichsportalen, Großhandelsschnittstellen oder Marktbeobachtung.

Eine ausführliche Beschreibung zum Thema Preiselastizität haben wir hier geschrieben: BWL – Grundlagen: Preiselastizität

Psychologische Preisbildung

Die psychologische Preisbildung nutzt verschiedene Strategien, um die Preiswahrnehmung der Kunden zu beeinflussen und ihre Kaufentscheidungen zu lenken. Zu den wichtigsten Faktoren gehören: BWL – Grundlagen: psychologische Preisbildung

Es ist wichtig, die Zielgruppe und den Markt zu kennen, um die passendste Preisstrategie auszuwählen, da nicht alle Strategien universell anwendbar sind.

  • Was kann KI: Die Preise unter Berücksichtigung verschiedene Preiskomponente 24/7 optimieren, d.h. Optimierung der Anzeige z.B. mit und ohne UVP-Streichpreis, mit und ohne optischer Preisschwellen-Auszeichnung 9,99 € anstelle 10 €, zu unterschiedlichen Uhrzeiten, Wochentagen usw.
  • Was kann KI NICHT: Kunden zum Kauf von nicht marktüblichen Preisen zwingen!

Voraussetzungen: 

Genau wie bei der Preiselastizität ist es notwendig genügen Daten über Bestellungen / Käufe der Produkte vorliegen zu haben.

Eine ausführliche Beschreibung zum Thema psychologische Preisbildung haben wir hier geschrieben: BWL – Grundlagen: psychologische Preisbildung

Kaufverhalten und dessen Einfluss auf die Preisbildung

Kundensegmentierung

Segmentierung im Marketing und Vertrieb:

Die Segmentierung teilt den Markt in homogene Kundengruppen (Segmente) mit ähnlichen Bedürfnissen und Vorlieben auf. Dies ermöglicht Unternehmen, maßgeschneiderte Marketingstrategien für jede Gruppe zu entwickeln, siehe auch: BWL – Grundlagen: Kundensegmentierung.

Insgesamt ist die Segmentierung ein essenzielles Instrument im Marketing, erfordert jedoch ständige Überwachung und Anpassung an Marktveränderungen.

  • Was kann KI: Aus Stamm- und Bewegungsdaten (intern und extern) der (potenziellen) Kunden, sinnvolle Kundensegmente identifizieren und Kunden gruppieren! Die Analyse, Segmentierung und Gruppierung kann dabei 24/7 erfolgen. Das bringt bei schnell wechselnden (Fast-Moving Consumer Goods & Fession) und breiten Produktsortimenten (Marktplatz) ggü. einem realen Mitarbeiter Vorteile.
  • Was kann KI NICHT: Eine sinnvolle Kundensegmentierung ohne genügend Daten vornehmen!

Voraussetzungen: 

  • erfasste interne Stamm- und Bewegungsdaten:
    • Tracking 3rdP auf der Online-Plattform
    • Application Insight der Online-Plattform
    • Auswertung von Chat- , Telefon-, Email-Protokollen
    • KI-Analyse am POS (Gesichtserkennung, Personenanzahl-Messung, Fahrzeugdurchlauf …)
    • Messung mobiler Endgeräte in der Nähe des POS
  • eigene Marktforschung (Kundenbefragung, Befragung Mitarbeiter am POS)
  • externe Marktforschung (durch Agenturen, Institute, externe Vertriebsmitarbeiter usw.)
  • verfügbare externe Stamm- und Bewegungsdaten:
    • Google Adwords "ähnliche" Kunden wie Käufer von …, Besucher von ... usw)
    • API von Werbenetzwerken- und Marketingplattformen
    • API von Marktplätzen und Preisvergleichsportalen
Hinweis: Der richtige Ort seine Kundendaten zu sammeln, zu analysieren und zu segmentieren sind Customer-Relationship-Management-Systeme (CRM-Systeme), ggf. mit Unterstützung (Darstellung) von Business Intelligence (BI) Systemen und Mitarbeitern.

Eine ausführliche Beschreibung zum Thema Kundensegmentierung haben wir hier geschrieben: BWL – Grundlagen: Kundensegmentierung

Kundenlebenszyklus

Der Kundenlebenszyklus veranschaulicht die verschiedenen Stadien, die ein Kunde in Beziehung zu einem Unternehmen oder einer Marke durchläuft, von der ersten Kenntnisnahme bis zur Loyalität oder Abwanderung, siehe auch: BWL – Grundlagen: Kundenlebenszyklus.

Einfluss auf Preisbildung: Die Preisempfindlichkeit kann je nach Phase variieren. Neukunden könnten für Rabatte empfänglich sein, während treue Kunden mehr für Premium-Angebote zahlen könnten. Unternehmen sollten ihre Preisstrategien an die Bedürfnisse jeder Phase anpassen.

Schlussfolgerung: Der Kundenlebenszyklus hilft Unternehmen, ihre Kundenbeziehung zu verstehen und ermöglicht die Entwicklung gezielter Marketing- und Vertriebsstrategien sowie die Anpassung der Preisstrategien.

  • Was kann KI: An den verschiedenen Stellen der Customer Journey mit dem Kunden positiv interagieren:

    • Suche / Bewusstseinsbildung (Awareness): Unterstützen bei der Suche, intelligente Produktsuche, intelligente Marken- und Produktwerbung, Erzeugung von Inhalten, die Kundenprobleme lösen (Story-Telling) usw.

    • Erwägung (Consideration): Aufbereitung von FAQ, Chatbots mit Produktwissen, Produktvergleiche, Preisvergleich, u. ä.

    • Kaufentscheidung (Purchase): Optimierung des Kaufvorgangs (Checkout), Optimierung der Preise, Up- und Cross-Selling beim Kauf

    • Nutzung (Use): Intelligente Nutzungstipps, FAQ, Chatbot mit Anwendungswissen, KI als Teil des Produktes, u. ä.

    • Loyalität (Loyalty): Intelligenter Kundendienst (Customer Service), Kundenbindungsprogramme, optimierte Preise für Wiederholungskäufe, u. ä.

    • Abwanderung (Churn): Intelligenter Kundendienst (Customer Service), optimierte Preise für abgewanderte Kunden (Win-Back-Strategie)

  • Was kann KI NICHT: Kunden zum Kauf Ihrer Produkte zwingen, die Grundannahme ist immer, dass das Produkt marktfähig ist und es genügend potenzielle Käufer gibt.

Eine ausführliche Beschreibung zum Thema Kundenlebenszyklus haben wir hier geschrieben: BWL – Grundlagen: Kundenlebenszyklus

Einsatz von KI in der Preisoptimierung

  • Datenanalyse: KI kann große Mengen an Daten analysieren, um Muster im Kaufverhalten der Kunden zu erkennen. Dies kann dazu verwendet werden, um optimale Preispunkte für verschiedene Kundensegmente zu bestimmen. 

    • Echtzeitauswertung von Bewegungsdaten (Verhalten auf der Webseite), Geografische Zuordnung, Sprache, Endgerät, …
    • Auswertung und Visualisierung von großen Datensets (Stamm- und Bewegungsdaten) als Teil der CRM- / BI-Lösung
    • Auswertung von Konkurrenzpreisen über Schnittstellen zu Marktplätzen und Preisvergleichsportalen
    • Auswertung von Konkurrenzwebseiten, Crawling und Extraktion der Preise
  • Dynamische Preisgestaltung: Mit KI können Preise in Echtzeit angepasst werden, basierend auf aktuellen Marktbedingungen, Wettbewerbspreisen und Kundennachfrage.

    • Durch die Verarbeitung zahlreicher interner und externer Datenpunkte kann der optimale Preis, der zum Abschluss des Kaufes führt, in Echtzeit bereitgestellt werden (Bestand, Absatz im eigenen Webshop, Absatz am POS, Absatz auf Amazon …).
    • Preismanagement über verschiedene Plattformen (Multi- & Omnichannel), z.B. einen höheren Preis auf einem Marktplatz als im eigenen Webshop
    • laufende Anpassung an Uhrzeit, Tageszeit und Wochentag (Sonn- und Feiertage)
  • Vorhersage: KI kann verwendet werden, um zukünftige Nachfragetrends vorherzusagen, was Händlern helfen kann, ihre Preise entsprechend anzupassen.

    • Auswertung andere Quellen, wie Wetterdaten (Eisverkauf, Bademode)
    • Auswertung von Social Media durch Scannen und Konnotierung der Erwähnungen von Marken, Produktgruppen und Produkten
    • Auswertung von Unterhaltungen mit Chatbot / Kundendienst, Serviceanfragen u.ä.
    • Bei Trendfolgemärkten (z.B.: USA - Deutschland) Überwachung und Aufplanung
  • Personalisierung: KI kann dazu verwendet werden, personalisierte Preisangebote basierend auf dem individuellen Kaufverhalten und den Vorlieben eines Kunden zu erstellen.

    • Anhand des verwendeten Browsers (z.B. Safari) wird auf ein weniger Preissensitiven Kunden rückgeschlossen und ein höherer Preis angeboten
    • Anhand des Touch-Point übergreifenden Trackings wird ein Nutzer in eine preissensitiver Kundengruppe zugeordnet, bekommt niedrigeren Preise oder einen Kurzzeitrabatt.
    • Nach dem Add2Cart in einem Webshop, ohne Abschluss der Bestellung wird nach 8h ein 10 % Rabatt-Gutschein per E-Mail oder Browser-Benachrichtigung versendet.

Implementierung von KI für Preisoptimierung

Nachdem umfangreich beleuchtet wurde, dass KI Preise optimieren, die Wahrscheinlichkeit des Kaufabschlusses und den potenziellen Umsatz erhöhen kann, soll nun potenzielle Implementierungen in das eigene Unternehmen beleuchtet werden.

Datenquellen und Kundensegmentierung

Datenquellen und Aggregation

Im ersten Schritt müssen verschiedene Datenquellen nutzbar gemacht werden:

Eigene historische Bestelldaten:

  • ERP
  • Webshop
  • CRM

Eigene und Großhändler-Verfügbarkeitsschnittstellen:

Externe Verkaufs- und Preisdaten:

Externe andere Daten

Kundendaten für Kundensegmentierung:

  • eigenes CRM
  • E-Commerce-Plattform, CMS, Unternehmensportal (Tracking)
  • Google Adwords API
  • Kundendaten ERP
  • APIs der implementierten Trackinganbieter
  • APIs der genutzten eigenen Plattformen (Application Insight) 

Die Daten werden dabei entweder im geeignetsten Spezialsystem zusammengeführt (ERP, CRM o.ä.) oder müssen systemunabhängig gespeichert werden, z.B. in einem Data Warehouse oder Data Lake.

Kundensegmentierung

Die Kundensegmentierung findet normalerweise im CRM, wenn vorhanden oder im ERP-System statt, soweit das ERP-System über hinreichende CRM-Funktionen verfügt. Das CRM greift dabei auf seine eigenen Daten als auch die gespeicherten Daten, s.o. zurück.

Moderne CRM-Systeme haben KI-Erweiterungen und unterstützen dabei. Falls das nicht der Fall ist, sollte ein separates KI-Drittsystem zur Segmentierung zurückgegriffen werden. Falls KI-Qualifikationen im Unternehmen vorhanden sind, ist auch die eigene Programmierung oder die Nutzung eines Machine-Learning-Services, z.B. in MS Azure denkbar (mit anschließendem Rückexport in das CRM).

Price-Engine

Alle eingesammelten und aufbereiteten Daten; Produkt, Preis und Kundendaten dienen nur einem Zweck, die eigenen Preise zu optimieren. 

Auch hier sind, mehrere mögliche Orte für die Aufnahme der Preis-Logik denkbar, z.B.:

  • das ERP
  • eine separate Applikation
  • eine Applikation nahe dem Verkaufskanal, z.B. nur für einen Marktplatz (z.B. Amazon Repricer)

Oft sind die Kosten und das im Unternehmen vorhanden Know-how der ausschlaggebende Faktor, der zur Implementierung an der einen oder anderen Stelle führt. Die Repricing-Engine (Applikation) nutzt selbst KI als Bestandteil.

Es werden nun von der Applikation zum einen Preise berechnet, z.B. für Freitagabend 18:00 – 21:00 Uhr und als Preis-Sets abgelegt und auf die einzelnen Verkaufsplattformen gepusht oder es wird eine Endpunkt (API) zum Abruf der Preise durch den jeweiligen Channel angeboten, über den dann der Webshop, z.B. nach Login des Kunden die kundenspezifischen Preise anzeigt.

Wichtig: ist hierbei, dass die Daten konstant aktualisiert und zurück in die Price-Engine transportiert werden.

Beispielkette an Anwendungen (nur E-Commerce)

Das folgende Beispiel soll den Gesamtprozess für einen Webshop vereinfacht darstellen:

Datenquellen: 

  • Application Insight E-Commerce-Plattform & Kundenportal
  • ERP & CRM
  • Externe APIs: Google Adwords, Idealo, Wettter

Datenaggregation mittels MS Azure Data-Factory auf:

  • MS Azure Data-Lake
  • MS Azure Blob-Storage

Price-Engine:

  • Azure Cognitive Service
  • Azure Machine-Learning-Studio
  • Price-API für den Preisexport zurück auf die E-Commerce-Plattorm, Unternehmensportal, CRM & ERP

Möchten Sie hierzu mehr erfahren, kontaktieren Sie uns gern 😀.

 

Herausforderungen und ethische Überlegungen

  • Transparenz: Es kann schwierig sein, die Entscheidungsprozesse von KI-Systemen zu verstehen, was zu Fragen der Transparenz und Fairness auf Kundenseite führen kann.

  • Diskriminierung: Wenn KI-Systeme nicht richtig trainiert werden, können sie diskriminierende Preisentscheidungen treffen, die bestimmte Kundengruppen benachteiligen.

  • Datenschutz: Die Verwendung von KI zur Preisoptimierung erfordert den Zugriff auf große Mengen an Kundendaten, was Datenschutzbedenken aufwerfen kann.

Quellen: